Markttag

Diese Frau ist nie pünktlich! Elf fünfundvierzig war vereinbart. Sie sollte hier auf der Bank sitzen. Nein, Ilse sitzt noch nicht auf der Bank. Der schlägt keine Stunde. Mein Gott, jede Sekunde zählt. Gut, stelle ich mich am Wagen für Wurstwaren an. Constanze und die Kinder haben sich wochenends angesagt. Darf der Kühlschrank nicht leersein. Enkel erwarten von Oma immer das Beste, und ich bemühe mich, es ihnen zu geben. Auch das Abwechslung in einem Alltag, der spannend nicht ist. Und Ilse verpasst den Termin! Ich ärgere mich.

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Pflichtvergessen

Die Pflicht ruft! Der Wecker klingelt, obwohl er nicht müsste. Ich bin zur Zeit munter geworden. Ich werde täglich zur rechten Zeit munter. Der Rhythmus des Lebens läßt sich im Alter nicht ändern. Ich unterbinde nach einer halben Minute sein Schrillen, bin sicher, dass auch Annabell es gehört hat. Sie quält sich stöhnend auf die andere Seite. Keine Diskussion: Winterdienst ist Männersache. Aber die Gattin kann wenigstens etwas Mitleid für die Wetterverhältnisse und mein Pflichtverständnis heucheln. Tut sie nicht. Früher gab sie mir einen Kuss und hatte den Kaffee schon vorab gekocht. Zeiten ändern sich, aber Pflicht bleibt Pflicht.

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Verfolgung

„Bitte, du musst mir helfen. Bitte!“

Er bemüht sich um diesen flehenden Ton, der Herzen erweicht, und erzählt alle Lügen der Welt. Und er hält mir seine dreckigen Hände mit nix drin entgegen. Aber er hat keine Chance. Diese Mitleidsmasche zieht bei mir nicht. Ist doch immer das Gleiche: Sie betteln um Pfenge, und wenn man sie gibt, setzen sie’s sofort in Drogen oder Alkohol um. Ich übersehe den Typen und greife zum Flakon mit dem Duft, für den die Rosselini mal warb. Aber dieser Kerl weicht nicht, ich sprühe ihm das Parfum in die Schnauze.

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